Wirtschaftsrecht studieren
Ein Text von Maria Retter – ZEIT Studienführer 2023/24
Darum geht es
Wenn ein Unternehmen Verträge abschließt, wenn es Personal einstellt oder wenn Geschäftsabläufe so digitalisiert werden sollen, dass es nicht gegen das Recht verstößt, sind Wirtschaftsrechtler gefragt. „Wirtschaftsjuristen begleiten alle rechtlichen Fragestellungen im Unternehmen“, sagt Andreas Willburger, Professor an der Hochschule Pforzheim. Dabei müssen die Rechtsexperten immer wieder auf aktuelle Themen reagieren. In letzter Zeit tauchte zum Beispiel vermehrt die Frage auf, wann Altverträge mit Zulieferern aufgrund von Störungen in der Lieferkette gekündigt werden dürfen.
Auch gesellschaftliche Entwicklungen spielen für Wirtschafsjuristinnen und -juristen eine Rolle: Wann darf ihr Unternehmen zum Beispiel rechtlich korrekt behaupten, dass es klimaneutral wirtschaftet? Ein wichtiges Thema in ihrem Arbeitsalltag ist auch die sogenannte Compliance. Dabei geht es darum, wie ein Unternehmen dafür sorgt, dass Regeln allen bekannt sind und verlässlich eingehalten werden.
Typische Fragestellungen im Wirtschaftsrecht-Studium
- Welche Regeln muss das Unternehmen bei internationalen Geschäften beachten?
- Wie klärt man einen Streit zwischen Unternehmen und Lieferanten oder Kunden, ohne vor Gericht ziehen zu müssen?
- Wer haftet für autonom fahrende Autos?
- Welche gesetzlichen Vorgaben muss ein Arbeitsort erfüllen, zum Beispiel bei der Temperatur in den Büros?
- Wie erreicht man, dass marktbeherrschende Unternehmen ihre Stellung nicht durch unfaire Vertragspraktiken missbrauchen?
- Werden bei der Produktion im Ausland die Menschenrechte und die Standards für faire Arbeitsbedingungen eingehalten?
- Wie stellt man sicher, dass bei einer Stellenausschreibung keiner diskriminiert wird?
- Welche steuerlichen Folgen hat eine Investitionsentscheidung?
So läuft das Studium ab
Von Anfang an arbeitest du dich in die beiden Bereiche Recht und Wirtschaft ein. Im juristischen Teil, der mindestens 60 Prozent ausmachen sollte, geht es insbesondere um Privatrecht. Das organisiert die Beziehungen der Menschen untereinander (und nicht das Verhältnis von Bürgern und Staat – das wird durch das öffentliche Recht geregelt). Du lernst unter anderem, wie Verträge zwischen Kunden und Unternehmen geschlossen werden, wie man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestaltet und welche Befugnisse die Gesellschafter einer GmbH haben. Die Hochschulen bieten verschiedene Schwerpunkte an, darunter Arbeitsrecht, internationales Wirtschaftsrecht oder Vertragsgestaltung. Außerdem stehen Themen wie Kommunikation, Verhandlungsführung und Mediation auf dem Programm. Im wirtschaftlichen Teil befasst du dich mit den Abteilungen eines Betriebs, mit Bilanzen und Steuern, Management und Controlling. Das Praxissemester, das meist zum Studium gehört, kannst du zum Beispiel in der Personal- oder Rechtsabteilung eines Betriebes oder bei einer Steuerberatung absolvieren.
Hier sind passende Wirtschaftsrecht-Studiengänge und Hochschulen
Wo kann ich Wirtschaftsrecht studieren?
Wirtschaftsrecht passt zu dir, wenn …
... „du gern liest, gern mit Zahlen arbeitest und dir logisches Denken liegt“, sagt Andreas Willburger. Das alles brauchst du nämlich, um später aus einer Fülle verschiedener Quellen wie Gesetzes- und juristischen Fachtexten, Unternehmensberichten, Quartalsergebnissen und Statistiken die entscheidenden Informationen herauszufiltern.
Sich im Studium gleichzeitig mit Wirtschafts- und mit Rechtsthemen zu beschäftigen ist abwechslungsreich, aber angesichts der Stofffülle auch herausfordernd. Das gilt ebenso für die juristische Denkweise und die juristischen Methoden.
Mit einem Abschluss in Wirtschaftsrecht kannst du nicht Richter oder Anwältin werden. Dafür bieten sich dir vielfältige Perspektiven in Unternehmen und auch in der Verwaltung. Wirtschaftsjuristinnen und -juristen arbeiten später zum Beispiel in der Personalabteilung, in der Steuer- und Wirtschaftsprüfung, im Datenschutz, aber auch in betriebswirtschaftlichen Feldern wie Einkauf und Vertrieb.
Von Professor:innen empfohlene Voraussetzungen und Fähigkeiten
- Interesse an rechtlichen Inhalten / Gerechtigkeitsempfinden
- Interesse an (betriebs-)wirtschaftlichen Themen und (betriebs-) wirtschaftliches Grundverständnis
- Kommunikationsfähigkeit / Sprachkompetenz / Ausdrucksfähigkeit
- Lese- und Schreibkompetenz / Textverständnis / Freude am Lesen
- Selbständiges, (selbst)organisiertes und -diszipliniertes Lernen und Arbeiten / Selbstmanagement / Bereitschaft zum Selbststudium
- Lernbereitschaft, Einsatz- und Leistungsbereitschaft
- abstraktes / logisches / analytisches Denkvermögen
- Belastbarkeit / Ausdauer / Durchhaltevermögen
- Offenheit / Aufgeschlossenheit / Neugierde / Innovationsfähigkeit
- gute Deutsch- und Englischkenntnisse
Quelle: Professor(inn)enbefragung im Rahmen des CHE Rankings 2014/15.
Gibt es einen NC?
Meist sind die Studiengänge an Hochschulen für angewandte Wissenschaften angesiedelt. Rund 40 Prozent haben einen NC. Oft liegt er im Zweierbereich.
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